10.02.2019 Grenzübertritt nach Guatemala
Wir erreichten die Grenze zu Guatemala mitten am Nachmittag. Kaum hatten wir unser Auto vor dem Grenzposten abgestellt, um die üblichen Formalitäten abzuwickeln, waren wir umzingelt von Geldwechslern und Grenzhelfer (welche einen gegen ein Entgelt durch den Jungel von Behördengängen führen wollen). Die Grenzhelfer wimmelten wir ab. Dank iOverlander (einmal mehr möchte ich hier den unendlichen Wert dieser App mit all den gesammelten Berichten und Informationen von Reisenden und unsere Dankbarkeit darüber betonen!) und Blogberichten, wussten wir bestens Bescheid, wie der Ablauf sein wird. Bei den Geldwechslern erkundigten wir uns nach ihren Preisen und fanden schlussendlich einen, welcher uns einen fairen Wechselkurs anzubieten schien und unsere restlichen Belize Dollars in den Guatemaltekischen Quetzales tauschte. Auf der Belize Seite ging alles ziemlich reibungslos: wir erhielten unseren Ausreisestempel sowie die nötigen Exportbestätigungen für unseren Camper. Das Ganze dauerte nicht länger wie 15min. Etwas abenteuerlicher war es auf der guatemaltekischen Seite. Zunächst mussten wir wieder durch die Fumication - diese desinfizierende “Wäscheanlage”. Auf der anderen Seite der “Wäscheanlage” wurden wir erneut von “Grenzhelfern” belagert, welche sich hartnäckig an unsere Fersen hefteten. In einem einfachen Betongebäude befand sich die “Migracion”. Wir stellten uns in die Schlange, um unseren Einreisestempel zu erhalten. Dies ging ganz unproblematisch und erlaubt uns den Aufenthalt für 90 Tage in Guatemala wie auch El Salvador, Honduras und Nicaragua. Anschliessend mussten wir an den Schalter nebenan für die Einfuhr des Campers. Das Arbeitstempo des Beamten war gemächlich. Schlussendlich forderte er von uns Kopien verschiedenere Dokumente wie des Fahrzeugausweises, Passes des Fahrzeughalters, Kopie des Einreisestempels und anderes. Eine Kopiermaschine stellte er uns nicht zur Verfügung und meinte angeblich auch nicht zu wissen, wo wir eine solche finden können. Dank unserem Vorwissen, wussten wir, dass es im Gebäude, wo wir die Gebühr für die Fumication bezahlt hatten eine geben soll. Der beflissene “Grenzhelfer” führte uns denn auch zielstrebig dorthin, sprach mit der Person im Gebäude um uns danach mitzuteilen, dass das Büro gerade am Schliessen sei und wir etwa 3km fahren müssten zur nächsten Möglichkeit für einen Kopierapparat. Er würde uns ein Taxi organisieren. So ein “Bullsh….!” Wir ignorierten ihn und Stephen machte sich zu Fuss auf den Weg zur nächstem Kopierapparat, wo er gleich um die Ecke auch fündig wurden. Unser Grenzhelfer war denn auch plötzlich verschwunden nachdem er gemerkt hat, dass wir nicht auf seine Masche angesprungen sind. Von einem Blogger, welcher ähnliches erlebt hat, wussten wir zum Glück diese Kopiermöglichkeit unweit der Grenze. Das hat uns extrem geholfen und Sicherheit gegeben. Ansonsten kann mich sich in diesem Gewirr von Korruption, Vetternwirtschaft und Organisationschaos ziemlich hilflos und verloren fühlen.
Mit den frisch gedruckten Kopien gingen wir zurück zum Herr am Schalter für die Einfuhr des Campers und erhielten die notwendigen Papiere sowie einen Aufkleber, welchen wir an der Windschutzscheibe montieren mussten. Es blieb uns nur noch das Begleichen der Einreisegebühr für das Auto übrig, welches man an einem anderen Schalter im selben Gebäude erledigen konnte.
Danach endlich konnten wir die Grenze passieren und waren in Guatemala, genauer im Grenzstädtchen Melchor de Mencos.
Als erstes machten wir uns mal auf die Suche nach einer Bank, um Geld zu beziehen. Als weiteres Projekt stand die Organisation einer SIM-Karte auf der to do Liste. Zunächst versuchten wir bei einem Kiosk eine solche Karte zu organisieren. Nachdem andere Gäste, welche dort sassen und sich ein Fussballspiel anschauten, den Betreiber des Kiosks mit Rufen aus seinem Nickerchen geweckt hatten, versuchten wir ihm zu erklären, was wir brauchten. Es stellte sich schlussendlich heraus, dass man bei ihm nur Karten aufladen kann. Er schickte uns in eine Richtung zeigend weiter. Nicht ganz verstanden, wo wir nun genau eine solche Karte finden konnten, gingen wir in die angezeigte Richtung und fanden ein Geschäft, welches neben einer Bank, Haushaltswaren auch elektronische Geräte und SIM-Karten verkaufte. Ein junger Typ bediente uns, verkaufte uns die Karte und setzte sie auch ins Geräte ein, meinte aber, dass er sie nicht aktivieren könne. Wir müssten dafür in ein anderes Geschäft. Er verlangte für die Karte 20 Quetzales - knapp 3 Fr. - ohne Quittung. Etwas ratlos machten wir uns auf die Suche nach diesem besagten Geschäft und fanden es per Zufall auf anhieb. Dort konnten sie tatsächlich die Karte aktivieren und aufladen. Der Maximalbetrag war 100 Quetzales (ca. 13 sFr.) und gab uns 3 GB. Die Verkäufer versicherten sich mehrmals, ob wir wirklich den Maximalbetrag wollen. Man hätte auch für deutlich geringe Beträge einige MB kaufen können. Dies zeigte uns wie gross, resp. klein die Kaufkraft der Menschen hier ist.
Der Tag neigte sich nun definitiv langsam dem Ende zu und wir mussten schauen, dass wir vor dem Eindunkeln einen Platz zum Schlafen fanden. Diesen fanden wir bei einer Tankstelle, wo wir gleich mal unseren Tank wieder auffüllten. Mit dem Tanken sollte es in Guatemala einigermassen gut gehen. Wir haben uns vorgängig schlau gemacht, welche Tankstellen qualitativ guten Diesel verkaufen. Dies sind v.a. Puma (welcher an einigen wenigen Tankstellen sogar Diesel mit lediglich 15ppm verkauft) und die üblichen wie Shell. Der Tankwart war sehr hilfsbereit und versicherte uns, dass wir hier problemlos übernachten und die Toiletten benutzen können. Da Sonntag sei, sei der Nachwächter zwar nicht da, aber wir bräuchten uns keine Sorgen zu machen. Es sei hier sicher und die Tankstelle 24h bedient.
Beruhigt, richteten wir uns für die Nacht ein und kochten uns etwas zum Abendessen. Es war nicht gerade die ruhigste Nacht (irgendein verliebtes Pärchen beschallte uns mit überschlagenden Autolautsprechern und tankende Lastwagen hielten uns wach). Ansonsten blieben wir zum Glück unbehelligt.
11.02.2019 Tikal
Nach unserer ersten Nacht in Guatemala machten wir uns auf den Weg zur der knapp 100km entfernten bekannten Mayastätte Tikal, welche zum Unesco Weltkulturerbe gehört. Unterwegs bogen wir in einem Dorf in eine Nebenstrasse, welche zu einem kleinen See führte, um etwas zu frühstücken. Dort trafen wir auf Frauen, welche knietief im See standen und an extra dafür eingerichteten Stellen die Wäsche wuschen. Fliessend Wasser und Zugang zu Strom ist in Guatemala keine Selbstverständlichkeit, wie wir sehr rasch feststellen sollen. Auch sonst ist das Land von Armut gezeichnet und man merkt, dass Guatemala ein von Bürgerkrieg und Konflikten geprägtes Land ist. Der letzte, 36 Jahre dauernde Bürgerkrieg wurde erst 1996 beendet, forderte rund 200’000 Todesopfer, tausende von verschleppten und verschollenen Personen sowie eine Million Menschen auf der Flucht. Soviel ich verstanden habe, gab es in Guatemala seit der spanischen Invasion noch kaum ein stabiles politisches System. Korruption und Machtgier der Politiker scheint hier Normalität zu sein. Rund 60% der Guatemalteken sind indigener Abstammung wie z.B. direkte Nachkommen der Mayas. Insbesondere in der indigenen Bevölkerungsgruppe sind Armut und mangelnder Bildung besonders ausgeprägt. Einige dieser Menschen sprechen kaum spanisch. Die meisten der Reichen und Mächtigen gehören zu den sogenannten Ladinos, der europäisch abstammenden Bevölkerung. Was uns auffiel, waren die vielen jungen Menschen und Kinder. Man sah nur wenige alte Leute, dafür umso mehr sehr junge Frauen, kaum über 20 Jahre alt mit Babies auf dem Arm. Die Frauen waren fast ausschliesslich in bunte, traditionelle Kleidung gekleidet - wie man sie wahrscheinlich auch vor über hundert Jahren trug. Einzig in den grösseren Städten waren die Frauen “westlich” angezogen und man sah sie mit Kopfhörer im Ohr der Strasse entlang joggen. Die Männer waren oft mit ihrer Machete unterwegs. Für sie ein alltägliches Werkzeug, für uns hatte es irgendwie den bedrohlichen Beigeschmack einer Waffe. Die Leute sind vor allem zu Fuss unterwegs und tragen oft schwere Lasten - die Männer meist auf dem Rücken, die Frauen auf dem Kopf.
Dass bei es bei einer Nation, welche derart mit dem Überleben zu kämpfen hat, wenig Bewusstsein und Ressourcen für Tier und Umwelt vorhanden sind, ist naheliegend und augenfällig. Überall liegt Abfall (wie in Belize und Mexiko übrigens auch), der Hausmüll wird gleich eigenhändig vor dem Haus verbrannt, die Autos und insbesondere Lastwagen hinterlassen eine schwarze Wolke und nehmen einem die Luft zum Atmen. Insbesondere in den Städten sind die Abgase so schlimm, dass wir es fast nicht aushalten konnten. Überall waren streunende, oft abgemagerte und kranke oder verletzte Hunde unterwegs. Es brach uns manchmal fast das Herz. Immer wieder werden wir von Kindern angesprochen, welche uns etwas verkaufen wollen oder um Geld bettelten. Die Menschen begegneten uns auf eine distanzierte Art stets freundlich. Es schien aber irgendwie eine Dumpfheit und Schwere auf den Menschen zu lasten. Es war wenig von der pulsierenden Lebendigkeit wie wir sie in Belize erlebt haben, zu spüren. Die Leute nahmen viel weniger mit uns Blickkontakt auf. Meist ging eine Kontaktaufnahme von uns aus. Darüber schienen sich die Menschen aber dann zu freuen.
Nach diesem kurzen Exkurs in die Psyche und Geschichte der Guatemalteken nun zurück zu unserem ersten Ausflugsziel, der Mayastätte von Tikal. 17km vor der archäologischen Stätte befand sich der Eingang, bewacht von etwas sechs mit Gewehren bewaffneten Sicherheitsleuten. Ein Tourenführer kam sofort auf uns zu und bot uns seine Dienste an. “Per Zufall” war es Jose Luis, über welchen in iOverlander viel Lob ausgeschüttet wurde und wir entschieden uns Tikal unter seiner Führung anzusehen. Er fuhr auch mit uns die restlichen 17km bis zur eigentlichen archäologischen Stätte mit. Auf dieser Fahrt sahen Stephen und Jose Luis, wie ein Jaguar die Strasse querte - ein seltenes Glück.
Den Eintrittspreis fanden wir ziemlich teuer - teurer als zum Beispiel der Eintritt zu den Ruinen von Chichen Itza in Mexiko. Wir bezahlten umgerechnet 300 Quetzales (rund 40.-) für den Eintritt und 300 Quetzales für den Führer. Wie wir im weiteren Verlauf unserer Reise feststellen werden, gibt es ein krasses Gefälle in den Preisen bei touristischen Sehenswürdigkeiten und dem, das die Einheimischen sonst so bezahlen und was dem Verhältnis zu ihrem Lohn entspricht. Bei uns hinterliess das den etwas bitteren Beigeschmack ein touristischer Goldesel zu sein. Auf der anderen Seite kann man es den Guatemalteken auch nicht verdenken, dass sie die für ihre Verhältnisse reichen Touristen etwas schröpfen und so zusätzliches Geld ins Land holen.
Nichtsdestotrotz, die Führung durch Jose Luis zahlte sich aus. Wir erfuhren viel über die verschiedenen Bauten und Geschichte der Maya. Da das Gebiet extrem weitläufig war, war er schon nur hilfreich zur Orientierung im Gelände. Jose Luis zeigte und erzählte uns auch einiges über Fauna und Flora des Jungels. 5 Stunden später, an vielen Eindrücken reicher und mit schwirrendem Kopf und müden Beinen kamen wir zurück zu unserem Auto. Wir nahmen Jose Luis wieder mit und fuhren ihn nach Hause. Er wohnte in einem nahe gelegenen Dorf namens El Remate, schön gelegen am Lago Peten Itza. Wir hatten sowieso vor in dieser Gegend zu übernachten. Jose zeigte uns, wo wir problemlos die Nacht verbringen können. Unterwegs erzählte er einiges über sein Leben. Er habe sich als einfacher Aushilfsschreiner zum selbständigen Schreiner hochgearbeitet. Dabei habe er zwischen 2500 und 3000 Quetzales pro Monat verdient - was 330-400 sFR. entspricht. Er habe immer mehr gewollt in seinem Leben und habe sich deshalb zusammen mit seinem einen Bruder autodidaktisch Englisch beigebracht und sich als Führer ausbilden lassen.
Die ständigen Schwellen auf der Strasse, welche in Mexiko Topes hiessen und hier Tumulos genannt werden, werden gemäss Jose übrigens als schlafende Polizisten bezeichnet :-)
Nachdem wir an besagtem Ort am Lago Peten Itza angekommen sind, machten wir es uns gemütlich, kochten etwas und schauten der untergehenden Sonne zu.
12.-15.02.2019 Von Flores bis Coban
Den 12. Februar 2019 gingen wir erstmal etwas langsam an mit frühstücken und einem kühlen Bad im See. Die einheimischen Frauen waren bereits früh auf. Bereits bei Sonnenaufgang waren die ersten Frauen wieder mit Wäsche waschen beschäftigt, was sie mehrere Stunden in Anspruch nahm und wirklich Schwerarbeit ist. Jedes einzelne Kleidungsstück wird auf einem mit Rillen versehenen Waschstein geschrubbt. Später kam ein junges Pärchen an den See um zu baden. Sie gingen mit ihren Kleidern ins Wasser. Da dies hier offensichtlich so gehandhabt wird und v.a. ich als Frau niemanden mit meinem Bikini provozieren wollte, taten wir es ihnen gleich und gingen ebenfalls mit unseren Kleidern ins Wasser. Eine interessante Erfahrung.
Danach packten wir unsere Sachen und fuhren Richtung Flores, ein bekanntes Städtchen auf einer Insel mitten im Peten Itza See.
Flores hat ein mediterranes Flair mit seiner von Restaurants gesäumten Promenade und verwinkelten Gässchen. Wir übernachteten am Ufer des Sees in Flores gemeinsam mit einem Französischen Paar und einer Deutschen Familie mit Kleinkind. Da das Strassennetz in Guatemala nicht sehr gut ausgebaut ist und die meisten Reisenden die ähnlichen Routen nehmen, findet man immer wieder Gleichgesinnte an gewesen Hotspots wie diesem touristischen Städtchen Flores.
Von Flores aus machten wir uns am nächsten Tag auf den Weg Richtung Süden. Das Ziel war vorerst mal Coban. Da in Guatemala nur ein langsames Vorwärtskommen möglich ist aufgrund von kurvenreichen und mehr oder weniger guten (Berg-)Strassen, mussten wir einen Zwischenstopp einlegen. Irgendwo, abgelegen an einem See fanden wir ein ruhiges, einsames Plätzchen. Es war nichts besonderes. Ich weiss nicht mal mehr wie der Ort hiess. Der See lud auch nicht zum schwimmen ein. Es hatte einzig ein paar wenige Einheimische, welche ihre kleinen Boote be- oder entluden.
So setzten wir am nächsten Morgen früh unsere Reise fort. Die Landschaft hat sich seit Flores ziemlich verändert. Die sanften Hügel sind zu ziemlichen Bergzügen mutiert und die Gegend wird immer ländlicher und einsamer. Entlang der Strasse sind einfache Holzhütten zu sehen, immer wieder gibt es Stände, wo Früchte und Gemüse verkauft wird. Wir stocken gerne unsere Vorräte an diesen Ständen auf.
Unterwegs machen wir Rast bei einem Restaurant mit Pool und Campingmöglichkeit. Ein zurückhaltender aber freundlicher Kellner bediente uns. Lynn konnte - gegen einen zusätzlichen Betrag von gut 4.- den Pool benutzen. Irgendwie kamen wir uns vor wie von einem anderen Planeten: ausgerüstet mit der Spiegelreflexkamera, dem iPad von Lynn für ihre Schularbeiten, unserem Laptop für die Arbeit an unserer Homepage und den beiden iPhones, präsentierten wir einen Reichtum, welcher so stark im Kontrast steht zu den Lebensverhältnissen, unter welchen viele Menschen hier leben. Es machte uns einmal mehr bewusst wie privilegiert wir aufwachsen und leben können und wie sehr wir dies zu schätzen wissen sollten. Dieser krasse Unterschied in den Lebensstandards so deutlich vor Augen geführt zu bekommen ist nicht immer ganz leicht auszuhalten.
Nach dem ausgiebigen Rast fuhren wir weiter bis Coban, wo wir erst am späten Nachmittag ankommen. Coban ist eine hässliche und von Abgase stinkende Stadt mit engen Strassen und recht viel Verkehr. Das hält die Bevölkerung aber nicht davon ab, bei hohen Temperaturen in den Abgaswolken zu joggen. Es scheint hier regelrecht ein Volkssport zu sein, wie wir es von Amerika her kennen. Wir hatten das erste Mal Mühe, einen Platz für die Übernachtung zu finden, da die in iOverlander angegeben Orte so nicht mehr existieren oder nicht in Frage kamen. Zum Glück kamen wir in den Naturpark von Coban noch rein und konnten dort übernachten. Denn offiziell waren die Tore um diese Zeit bereits geschlossen. Der Wärter, ein liebenswürdiger älterer Herr liess uns aber doch noch rein. Beim Ausfüllen des Anmeldeformulars und bei der Berechnung des Preises merkte ich, wie gering die Schreib- und Rechenfertigkeiten dieses Mannes waren. Es berührte mich anzusehen, wie er mich aufforderte unser Herkunftsland (Suiza) vorzuschreiben und wie er die Finger bei der schriftlichen Addition zu Hilfe nahm.
Wir verbrachten jedenfalls eine ruhige Nacht an einem sicheren Ort, fernab vom Gestank und Lärm der Stadt.
15. - 17.02.2019 Von Coban nach Semuc Champey
Wir verliessen am frühen Morgen Coban und machten uns auf den Weg Richtung Semuc Champey, ein Ort bekannt für seinen einmaligen Fluss und einem begehbaren Höhlensystem - laut Reiseführer eines der “must does” beim bereisen von Guatemala. Bereits die Angaben von Google Maps deuteten auf eine abenteuerliche Fahrt hin: 2.5 Std. für 73km! Tatsächlich endete irgendwann der geteerte Abschnitt und weiter ging es auf einer mit Schlaglöchern versehenen Schotterstrasse, welche teilweise steil den Berg hinunter führte. Für die letzten 10km von Lanquin bis Semuc Champey genötigten wir tatsächlich rund 40min. Die grösste Herausforderung sollte aber in Semuc selber noch kommen. Nämlich die Überquerung der Brücke. Die Strasse führte steil runter zum Fluss. Vor der Brücke angekommen wurden wir belagert von Kindern, welche und Schokolade verkaufen wollten und “Helfern”, um uns über die Brücke zu manövrieren. Denn die Eisenbrücke, welche mit Holzplanken belegt ist, ist nur noch einspurig befahrbar da die Planken auf der einen Seite stellenweise fehlten oder gebrochen waren. Die “befahrbare” Seite war auch nicht ganz ohne, da sie stellenweise Löcher hatte. Ein Schild wies auf eine maximale Belastbarkeit der Brücke von 15 Tonnen hin - wer’s glaubt! Anscheinend scheint die Brücke jedoch stark genug zu sein, um täglich unzählige Kleinlastern und Pickups, beladen mit Touristen über die Brücke zu tragen. Wir waren äusserst froh und erleichtert, als wir heil über die Brücke gekommen sind. Die anstrengende Fahrt, die Hitze, die Scharren Kindern und Männer, welche uns belagerten und die marode Brücke hat an unseren Nerven gezerrt.
Auf der anderen Seite angekommen, kamen wir bei einem Privatgrundstück vorbei, von welchem wir wussten, dass wir dort “campieren” dürfen. Wir suchten den Besitzer auf und wollten mit ihm über den Preis verhandeln. Es stellte sich heraus, dass er des Spanischen nicht viel mächtiger war als ich. Er gehört den Nachkommen der Mayas an und spricht lediglich seinen indigenen Dialekt. Er versuchte mir zwar ein paar Worte in seiner Sprache beizubringen. Ich habe aber keine Chance mir das zu merken. Was den Preis für die Übernachtung anbelangt, war er ein harter Verhandlungspartner und beharrte auf seinen 40 Quetzales obwohl wir dafür lediglich einen Platz auf seinem Grundstück erhielten und keine sanitären Anlagen zur Verfügung standen. So zogen wir weiter zum “Nachbargrundstück”, welches sich offiziell als Campingplatz bezeichnet aber eigentlich auch nicht viel mehr ist als ein Stück Land mit immerhin Toiletten und einer Dusche sowie 2 Cabanas, welche man mieten könnte. Der Preis war ebenfalls 40 Quetzales. Besitzer leben auf demselben Grundstück und wohnen in einfachen Holzhütten ohne fliessend Wasser und Strom. Das Toilettenpapier scheint hier nicht selbstverständlich zu sein. Wir mussten immer unser eigenes mitnehmen. Ab und zu lagen zerrissene Seiten auch Broschüren in der Toilette, welche offensichtlich als Toilettenpapier benutzt wurden.
Wir waren so erschöpft von der Fahrt, dass wir uns entschieden zwei Nächte hier zu bleiben, um uns etwas auszuruhen. Der Campingplatz war auch schön gelegen am Fluss und die Garten liebevoll gestaltet. Es war der erste Ort seit wir in Guatemala sind, wo wir das Gefühl hatten etwas zur Ruhe kommen zu können.
Nachdem wir etwas gegessen hatten, wollten wir uns nun diese bekannte Stelle am Fluss anschauen. Es war bereits späterer Nachmittag als wir zu Fuss zum Eingang des Parks gingen. Erneut wurden wir von Einheimischen (gross wie klein) belagert, in der Hoffnung wir würden ihnen Schokolade, Früchte, Getränke oder sonstige Esswaren abkaufen. Einige boten sich sogar als Guide an. Wir lehnten freundlich dankend ab, zahlten den (nicht ganz billigen) Eintritt und machten uns auf eigene Faust auf den Weg. Dieser führte dem Fluss entlang aufwärts bis man zu den natürlich gebildeten, stufenförmigen Pools kam. Das Wasser war glasklar und leuchtete in verschiedenen Grün- und Türiksfarben. Ein wirklich wunderschönes Naturspektakel. Das Baden war herrlich erfrischend. Leider wurde unser Spass abrupt beendet weil die Parkwächter bereits kurz nach 16h fanden, dass der Park nun geschlossen werde und wir gehen müssten. Insbesondere Lynn war tief enttäuscht. Aber auch Stephen und ich waren enttäuscht und frustriert. Immerhin waren wir so weit gefahren, um diesen Ort zu besuchen und konnten ihn nun nicht mal in voller Länge auskosten. Beim Betreten hat uns auch niemand auf die baldige Schliessung des Parks aufmerksam gemacht und beim Eingangstor standen auch keine Öffnungszeiten. Dies machte einen etwas willkürlichen Eindruck.
Am nächsten Tag hatten wir eigentlich vor die Höhle zu besuchen. Wir waren aber immer noch so gesättigt von all den Reizen, welche wir seit unserem Grenzübertritt nach Guatemala zu verdauen haben, dass wir einfach nicht aufnahmefähig waren für noch mehr. Stattdessen verbrachten wir den ganzen Tag auf dem Campingplatz, badeten im Fluss und Lynn freundete sich noch etwas mit ein paar einheimischen Kindern an und spielte mit ihnen im Fluss. Es tat uns gut, einfach nichts zu tun. Irgendwie fällt es uns schwer, in Guatemala anzukommen und uns wohl zu fühlen.
Um etwas zusätzliches Geld zu verdienen, bot die Familie, welche auf dem Campingplatz lebt etwas zu Essen zum Verkauf an: mit Kartoffeln gefüllte Empanadas, dazu Kohlsalat und frittierte Bananentörtchen. Sehr einfach, aber sehr fein. Kochen scheint man in Guatemala vielerorts an einem Holzherd. Immer wieder sehen wir, wie der Rauch aus den Häusern steigt. Wobei die Häuser nicht über einen Kamin verfügen. Stattdessen zieht der Rauch aus dem Spalt zwischen dem Wellblechdach und der Holzwand ab.
17.02.2019 Wahnsinnsfahrt von Semuc Champey nach Panajachel am Atitlansee
Morgens um 4:45 klingelte unser Wecker. Nach einem schnellen Kaffee sind wir um 5:20 aufgebrochen Richtung Atitlansee. Wir mussten dafür wieder zurück nach Coban und somit auch wieder die harzigen 10km bis Lanquin fahren, welche sehr steil und oftmals so eng sind, dass ein Ausweichen für den Gegenverkehr unmöglich ist. Um diese frühe Tageszeit konnten wir wenigstens ohne grossen Gegenverkehr unterwegs sein und das Scheinwerferlicht im Dunkeln würde uns ein entgegenkommendes Fahrzeug frühzeitig ankündigen. Das Queren der Brücke und die Fahrt bis Lanquin ging zum Glück problemlos - was für eine Erleichterung. Es waren dennoch bereits erstaunlich viele Leute an diesem frühen Sonntagmorgen unterwegs - viele zu Fuss.
Beim Start unserer heutigen Etappe hatten wir es uns offen gelassen, ob wir es bis Panajachel am Atitlansee schaffen werden. Denn Google Maps gab uns für 395km eine Zeit von gut 9 Std. an! Es gibt einfach kein schnelles vorwärts kommen in diesem Land.
11 Std. später haben wir es dann tatsächlich geschafft. Wir sind heil aber erschöpft in Panajachel angekommen. Noch vor dem Eindunkeln fanden wir ein gutes Plätzchen am See, welches wir mit einem Amerikaner teilten. Stephen ist alles alleine gefahren! Ich bin ihm extrem dankbar.
18.-20.02.2019 Panajachel & Lake Atitlan
Nach der ersten Nacht am Atitlansee, welche wir “wild campierend” verbracht hatten, dislozierten wir zu einem Hotel, welches auch das Campieren auf ihrem Grundstück erlaubt. Da wir zudem ihren Pool und Internet benutzen konnten, wollten wir es uns dort etwas gemütlich machen und uns vom Reisen etwas erholen. So verbrachten wir zwei Nächte dort und taten vor allem nichts. Stephen konnte wieder mal sein Kitesurfmaterial auspacken und eine Runde fahren.
Panajachel ist wie die gesamte Region um den Atitlansee ein touristischer Magnet. Während wir unterwegs praktisch keine anderen Touristen antreffen, stossen wir hier auf eine bunte Palette von internationalen Reisenden - die meisten Backpacker. Panajachel ist kein besonders schöner Ort. Die Stadt sieht wie viele andere Städte in Guatemala aus. Zusätzlich gibt es aber unzählige von Restaurants, Bars und Geschäfte, welche um die Gunst der zahlenden Kunden buhlen. Wer kein eigenes Geschäft besitzt, versucht sich als Strassenverkäufer.
Die Gegend hier am Atitlansee mit seinen Vulkanen im Hintergrund ähnelte dem Lago di Lugano. Es war leider stets etwas dunstig, so dass wir die Schönheit der Landschaft nicht gänzlich zu Gesicht bekamen. Wir waren aber immer noch so gesättigt, dass wir auch gar keine Energie hatten, uns die Gegend etwas genauer anzusehen. Wir haben auch kaum Photos gemacht.
20.02.2019 Antigua
Antigua, die ehemalige Hauptstadt von Guatemala und heute vor allem eine touristische Sehenswürdigkeit war unser letztes Ziel in Guatemala.
Wir verliessen Panajachel am Morgen und benötigten wieder rund 2.5 Stunden für knapp 80km. In Antigua angekommen fuhren wir zur Touristenpolizei, weil man dort sicher und gratis übernachten kann. Der junge Polizist am Eingangstor wollte uns zunächst abwimmeln und behauptete, dass man hier nicht übernachten kann, obwohl wir sehen konnten, dass wir nicht die einzigen hier waren. Schlussendlich kam sein Kollege und wir durften rein. Neben uns waren zwei Deutsche, ein Franzose und ein Kanadier mit ihren Overlander Fahrzeugen auf dem Grundstück stationiert. Die Franzosen hatten wir bereits im Yellowstone Nationalpark und die einen Deutschen in Belize getroffen - Small World!
Der junge Polizist musste wohl seinen verletzten Stolz wieder etwas aufmöbeln und wollte alles ganz genau von uns wissen. Als wir dann den Papierkram erledigt hatten und die neusten Erfahrungen mit den Franzosen ausgetauscht hatten, machten wir uns auf den Weg zum Stadtbummel durch Antigua. Antigua ist eine wirklich hübsche Kolonialstadt, hat aber unter wiederholten Erdbeben stark gelitten. Viele Gebäude wurden wieder in Stand gesetzt. Anderen werden ihrem Schicksal überlassen. Die vielen internationalen Touristen prägen die Atmosphäre und das Stadtbild. Überall hat es kleine Cafés, Restaurants, Hotels, welche mit viel Kreativität gestaltet werden. Man findet den Italiener, die französische Boulangerie mit Café, kann beim Japaner Sushi essen, Sprachkurse oder Yogastunden besuchen und vieles mehr. Zudem ist es ein Ausgangspunkt zur Besteigung der umgebenden Vulkane.
Anita (Sonntag, 03 März 2019 11:11)
Hello you travellers, thanks again for a 2 hour session of taking me along with you to places which are extremely different to ours here in Switzerland. And yet, it is amazing how all of these poeple developped their own way of survival. At the same time it makes me sad to realize again, that our species is accustomed to paying so little respect to ourselves, nature and the fellow next to us.
Minusch is having a good time. Again he has managed to kill rare smaragd lizzards, wich is such a pain. I find myself in a great dilemma. On the one hand I love this Tom cat yet his hunting makes me suffer.
Lots of love
Mum/Anita/Nona